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Viktor Calabrò, der Visionär hinter der grössten Onlinenplattform für flexible Arbeit, über seine Karriere, den Aufbau seiner Firma und sein Buch der Ideen. Ein exklusiver und ehrlicher Blick hinter die Kulissen des Gründers von Coople.

Kindheit und erste Karriereschritte

Viktor Calabrò kommt in Schlieren im Kanton Zürich zur Welt und ist der jüngere Sohn in einer Secondo-Familie. Seine Eltern sind in den 60er-Jahren ohne Hab und Gut aus Italien in die Schweiz gekommen, haben sich durchgekämpft und sich in der Schweiz etwas aufgebaut. Viktor ist schon während seiner Kindheit sehr an Computern und Technik interessiert und programmiert im Alter von 11 Jahren sein erstes Computerspiel auf einem Commodore 64, den sein Onkel ihm schenkt. Er bringt die klassische Schulzeit hinter sich und versucht sich am Gymnasium, das er aber nach einem Jahr wieder abbricht, weil er keine Lust hat Latein zu lernen. Nach dem Sekundarschulabschluss absolviert er die kaufmännische Lehre in der Automobilbranche.

Gründung der ersten Firma

Mit 17 Jahren  schafft Viktor aus 300 Anwärtern die Aufnahme bei der UBS für einen Programmier Grundkurs. Schon früh bemerkt Viktor eine ausgeprägte Affinität für Prozessoptimierung und visionäres Denken. Er sprüht geradezu vor Ideen. Bald muss er allerdings feststellen, dass viele Firmen für seine Vorschläge noch nicht offen genug sind. Viktor erinnert sich:, “Ich habe einem grossen Finanzinstitut Projektvorschläge für mobile Zahlungssysteme gemacht und wollte im Gesundheitssektor eine Patientenkarte etablieren. Irgendwann bin ich dann an einen Punkt gekommen, an dem ich es Leid war, ständig Ideen vorzuschlagen, die auf taube Ohren stossen. Da kam die Frage, was machst du jetzt?”

Die Eventbranche hörte sich nach Spass an, auch wenn er keinerlei Erfahrungen in diesem Bereich hatte. Er wollte seine Lernkurve wieder beschleunigen, Geld war für ihn immer sekundär. In La Folie, seiner ersten eigenen Firma – einer Eventagentur – konnte er genau das umsetzen: Anstatt Geld in eine Weiterbildung zu stecken, fand der Lernprozess jeden Tag im Büro statt.

Viktor, der Visionär

Bereits in jungen Jahren beginnt Viktor seine visionären Gedanken festzuhalten und führt ein Buch der Ideen. Ein prägnanter Gedanke darunter: den Arbeitsmarkt zu revolutionieren und umzugestalten. Die erste Konfrontation mit den Herausforderungen des Personalmanagements erlebte er bereits bei der UBS, als er feststellte, dass viele Mitarbeiter nicht richtig eingesetzt werden und das richtige Tool fehlte, um sie zu managen. Zu dieser Zeit entstand der erste Eintrag zu diesem Thema in seinem Buch der Ideen. Während der Zeit mit La Folie entstand dann der zweite Eintrag. Hier brauchte Viktor selbst Personal, das flexibel verfügbar ist und konnte es nirgends schnell genug finden.

STAFF FINDER wird geboren

Er besucht Kurse der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung, nimmt die Idee des flexiblen Arbeitens dort auf und entdeckt endgültig das riesige Potential dahinter. Der nächste Schritt ist die Bewerbung für das KTI Begleitprogramm von Business Modellen und auch den schafft Vikor und wird mit seiner Idee in das Programm aufgenommen. Da die Umsetzung seiner Vision immer mehr Zeit in Anspruch nimmt, entschliesst er sich, einen neuen Geschäftsführer für seine Eventagentur zu ernennen.

Im Jahr 2009 co-gründet Viktor die Firma STAFF FINDER. Anfangs will es aber nicht so recht klappen und 2011 startet er mit den beiden Partnern Fabrizio Turdo und Stefan Rast einen neuen Anlauf, dieses Mal richtig: “Alles ist neu und so aufregend. Das erste Büro beziehen, die ersten Mitarbeiter einstellen und den ersten Kunden begrüssen. Wir haben schon Jobs erfasst ohne überhaupt eine Plattform fertig zu haben und so ziemlich alles manuell gemacht.” schmunzelt Viktor über die Anfänge seines Unternehmens. Mit den ersten Erfolgen kommen auch erste Rückschläge: No Shows – Mitarbeiter, die nicht pünktlich, wie vereinbart am Arbeitsplatz erscheinen. “Ein Kunde hatte Abbauhelfer für einen Einsatz um drei Uhr Morgens gebucht. Von vier Mitarbeitern ist kein einziger aufgetaucht. Somit musste der Kunde alles alleine abbauen und er war gar nicht glücklich”, erinnert er sich und fügt an: “growing by doing – das ist die extreme Leistung des Unternehmertums. Du machst alles gleichzeitig und parallel.”

Aus STAFF FINDER wird Coople

2017 durchlebt das Unternehmen ein Rebranding und aus STAFF FINDER wird Coople. Gleichzeitig gelingt der Sprung in eine Finanzierungsrunde mit Investoren und die Expansion nach London. Die Frage, die sich stellte, war: Mit wenig Geld langsam zu wachsen oder mit Investoren an Bord das schnelle Wachstum beibehalten. Auf die Frage, ob ihm die Entscheidung schwer gefallen sei, meint Viktor: “Nein…ich habe die Möglichkeit gesehen und dachte lieber wenig von etwas Grossem als viel von etwas Kleinem. Es gibt im Unternehmertum heutzutage nicht mehr viele Ideen, die dieses Potential haben und einen so grossen Markt mit sich bringen, wo du auch als kleiner Player eine führende Rolle übernehmen kannst. Der einzige Schutz, den du hast, ist deine Geschwindigkeit.”

Auf die Frage, was er als seine wichtigsten Erfolge ansehe, antwortet Viktor: “Das riesige Team von talentierten Leuten zu sehen, die Tag für Tag für etwas kämpfen und an etwas glauben, das einmal in meinem Büchlein stand und lediglich eine Idee war. Heute ist diese Vision für viele Realität. Für Mitarbeiter aber auch für Menschen, die sich etwas leisten können und die Freiheit bekommen, einen Lebensstil zu geniessen, den sie vorher so nicht kannten. Der andere, grosse Erfolg ist familiärer Natur, und zwar mein Sohn,” fügt Viktor an, der vor kurzem Vater wurde. “Das gibt einem einen völlig anderen Boden. Plötzlich merkt man wieder, wie schön einfache Dinge, wie ein Spaziergang, sind. Sowas verliert man in der geschäftlichen Welt aus den Augen.”

Von Heute und der Zukunft

Seit Oktober 2018 fungiert Viktor Calabrò nun als Executive Chairman of the Board und ernennt Rinaldo Olivari zum neuen CEO seines Unternehmens. Das Setting und die Rolle des CEO verändert sich mit der Zeit. Anfangs verlangt die Aufgabe eine grosse hands-on Einstellung, mit der Zeit ist es immer mehr eine Verabschiedung vom Kerngeschäft.“Es war schlicht nicht mehr das, was mir Spass macht. Ich bin der, der Innovation treibt, etwas erarbeitet was es nicht gibt und die Nähe zum Kunden braucht”, sagt Viktor. Die anderen Dinge lägen ihm nicht so und er würde die Firma somit nur ausbremsen. In der Rolle als Executive Chairman hat er nun wieder die Möglichkeit, punktuell in den operativen Bereich einzugreifen. Das setzt er auch umgehend mit seinem Accelerate Team bei Coople um. Das Ziel hierbei: Das disruptive Unternehmen in den verschiedenen Abteilungen selber zu disrupten, um die Innovation weiter voranzutreiben.

Auch in Zukunft hat Viktor noch viel vor und sieht Coople vor allem als Player, der ein Ecosystem aufbaut, das flexible Arbeit überhaupt ermöglicht. Bis heute wird Flexibilität im Arbeitsleben, beispielsweise durch Versicherungen, die keine passenden Modelle bieten, diskriminiert. “Coople kann hier einerseits die Plattform bieten, um an Arbeit zu kommen, aber ich sehe auch die Seite, auf der wir uns gezielt damit auseinandersetzen, was die Bedürfnisse unserer Zielgruppen sind. Aus- und Weiterbildungen, Wohnen, Sozialleistungen, Transport, es gibt viele Aspekte, die heute diejenigen benachteiligen, die sich mehr Flexibilität wünschen. Diese Benachteiligungen sollen aufgehoben werden, der Aufwand soll für jeden gleich sein, ob er nun eine Festanstellung, oder mehrere flexible Arbeitsverhältnisse hat. Sobald wir genug solcher Hürden abbauen konnten, wird flexibles Arbeiten zu einer verlockenden Alternative.”

Als er gefragt wird, ob er noch andere Ideen hat, die Welt zu verändern, lacht er und meint: “Mein Buch ist voll, die Zeit ist nur leider limitiert.”